Dr. Lutz Ehnert Kneipp-Arzt

Bad Nauheim: Mit Kneipp-Kur-Wissen gegen Winterschlaf & Frühjahrsmüdigkeit

Interview mit Dr. Lutz Ehnert – Kneipp-Arzt aus Bad Nauheim: Winterschlaf & Frühjahrsmüdigkeit Adé – so geht’s mit Kneipp-Kur-Wissen motiviert in den Frühlng.

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Bad Nauheim: Mit Kneipp-Kur-Wissen gegen Winterschlaf & Frühjahrsmüdigkeit



Der März ist ein ganz besonderer Monat. Viele Menschen erwachen aus dem Winterschlaf. Andere starten im Gegenzug direkt in die sogenannte Frühjahrsmüdigkeit. Doch warum ist das eigentlich so? Warum sind wir im Winter oft antriebslos und kommen mit Beginn des Frühlings, trotz länger werdender Tage und milderen Temperaturen, nicht so richtig in Schwung?

Ganzheitliche Therapie: Was die Kneipp-Kur für unsere Gesundheit tut

Genau das und noch ein paar weitere interessante Gesundheitsfragen haben wir Dr. Lutz Ehnert, Internist, Sportmediziner, Balneologe (Badearzt) und Kneipparzt im Kneipp-Kurort Bad Nauheim, gestellt. Dr. Ehnert hat ein paar spannende Tipps, um dem Winterschlaf und der Frühjahrsmüdigkeit keine Chance zu geben.

Dr. Lutz Ehnert Kneipp-Arzt
Dr. Lutz Ehnert

Dr. Ehnert, sind wir im Winter wirklich oft antriebsloser oder ist das vielleicht nur unser „Gefühl“?

Im Winterhalbjahr fährt die Natur insgesamt ihre Tätigkeiten und den Stoffwechsel herunter. Durch längere Dunkelphasen und zunehmenden Lichtmangel im Tag-Nacht-Rhythmus nimmt die Müdigkeit auch beim Menschen zu. Daraus ergibt sich für viele Menschen gerade im Winter ein Vitamin-Mangel. Denn durch die fehlende Sonneneinstrahlung kann der menschliche Körper oft nicht ausreichend Vitamin D bilden.

Wie genau wirkt Vitamin D in uns?

Vitamin D ist neben dem Aufbau der Knochensubstanz auch ein Wohlfühl- und Aktivitäts-Hormon, welches über das Licht in der Haut aufgenommen und im Körper dann ausreichend gebildet wird.

Sonnenaufgang Bayerisches Golf- und Thermenland

Was steckt dann hinter der Frühjahrsmüdigkeit?

Auch mit Beginn des Frühlings leiden viele Menschen weiter unter dem Licht- und daraus resultierendem Mangel an Vitamin D. Hinzu kommt, dass wir im Winter häufig weniger Sport betreiben und uns ungesünder ernähren. Das hat zur Folge, dass wir nicht über die ausreichende Tages-Power verfügen und schnell schlapp, müde und antriebslos sind.

Können wir etwas gegen frühjahrsbedingte Antriebslosigkeit tun?

Die gute Nachricht ist, wir können! Eine der wichtigsten Maßnahmen ist es, jeden Tag mindestens 45 Minuten an der frischen Luft zu verbringen, am besten natürlich aktiv mit einer ordentlich Portion Bewegung. Dabei nehmen wir Sonnenlicht, zumindest über das Gesicht, auf. Besonders effektiv ist es, wenn wir bei unseren Aktivitäten von der Natur umgeben sind. Wenn also möglich, dann ab in den Park oder noch besser in den Wald.

Außerdem ist es wichtig, für regelmäßigen und ausreichenden Schlaf, von mindestens sechs bis sieben Stunden pro Nacht, zu sorgen sowie natürlich eine ausgewogene Ernährung sicherzustellen.

In Kombination mit einfachen kneipp`schen Elementen wie Schnee- oder Tautreten und Wechselduschen wird der Effekt in der Regel noch wirksamer.

Momente in der Natur

Stichwort „kneipp`sche“ Elemente: Was ist Kneipp, Kneipp-Kur oder auch Kneipp-Therapie und wie funktioniert es?

Sebastian Kneipp sah den Menschen als Einheit mit Körper, Geist und Seele. Zu den Kneipp-Prinzipien und Bausteinen der Kneipp-Kur nach Sebastian Kneipp zählen daher Elemente wie Bewegung, Ernährung, Wasser und Innere Ordnung. Das fünfte Kneipp-Element bilden Pflanzen.

Das Element Wasser unterstützt die Immunstärkung und Abhärtung. Die Pflanzentherapie dient zur natürlichen Erhaltung der Gesundheit und kann zur Genesung bei Erkrankungen beitragen. Mit einer frischen, vollwertigen und leichten Ernährung, am besten mit regionalen Lebensmitteln, gehts mit moderater Bewegung und Spaß, ohne Leistungsdruck hinüber zum letzten Element. Für innere Ordnung sorgen wir mit der richtigen Balance: Arbeit und Ruhe, Entspannung und Anspannung, aktive Bewegung und ausreichend Schlaf.

„Erst als ich Ordnung in die Seelen der Menschen brachte, konnten sie Heilung erfahren“.

Sebastian Kneipp

Gerade im Winter empfiehlt die Kneipp-Kur warme Tees, Inhalation beispielsweise bei einem wöchentlichen Saunagang, mit einem pflanzlich-aromatischen Aufguss, wie Fichtennadel. Wichtig ist aber immer, dass die Maßnahmen auch gut tun. Überhaupt sollte nur das durchgeführt werden, was vertragen wird, schmeckt und auch Spaß bringt.

Tee trinken

Wie definieren Sie moderate Bewegung?

Bewegung mit Spaß, am besten an der frischen Luft. Gern täglich aber mindestens dreimal pro Woche rund 45 Minuten pro Einheit. Ob Spaziergang, Nordic Walking, joggen, radeln oder auch wandern, Inline-Skating und sogar Gartenarbeit.

Müssen wir denn gleich eine Kneipp-Kur machen, um die Lehren von Sebastian Kneipp richtig umzusetzen?

Natürlich muss es nicht immer gleich eine Kneipp-Kur sein. Die fünf Kneipp-Elemente können auch sehr gut in den persönlichen täglichen Ablauf und Alltag eingebaut werden.

Kneipp ist wirklich eine einfache, niederschwellige und kostengünstige Selbsttherapie. Kneipp empfiehlt die Salutogenese. Damit gemeint sind Eigenverantwortung sowie präventives Vorgehen zum Erhalt der Gesundheit.

Bad Nauheim Kneipp-Kur
© Bad Nauheim Stadtmarketing und Tourismus GmbH

Für welche Menschen eignet sich Kneipp?

Tatsächlich ist Kneipp für jeden Menschen geeignet. Sogar für Kleinkinder und auch Senioren:innen. Die Kneipp-Prinzipien können in den verschiedenen Lebenswelten und Lebensräumen umgesetzt werden: vom Kindergarten, über die Schule, den Betrieben bis zu den Seniorenheimen. Tatsächlich sprechen wir in kneippzertifizierten Einrichtungen für Senior:innen auch davon, dass jede Anwendung an den Patient:innen auch eine Zuwendung ist. Wissenschaftlich erwiesen** wurde sogar, dass kneippzertifizierte Heime zufriedenere Bewohner:innen und Pfleger:innen haben.

Wie kann ich Kneipp in meinem Alltag leben?

Die fünf Kneipp-Elemente auf der persönlichen Checkliste haben und jeden Tag davon etwas in den eigenen routinemäßigen Tagesablauf einbauen.

Beispiel für einen Tagesablauf nach Kneipp:
  • Ausreichend geschlafen
  • Ab unter die Dusche mit Wechselduschen oder zumindest die morgendliche Dusche mit einer Kaltdusche der Beine nach Kneippgussregeln beenden.
  • Ausgewogenes, leichtes und gut verdauliches Frühstück zu sich nehmen. Z.B. Haferflocken, mit frischen Früchten, Walnüssen und Hafermilch oder Bircher-Müsli mit frischen Früchten. Dazu stilles Wasser mit Ingwer-Scheiben oder Pfefferminztee und statt Kaffee einen grünen Tee (nur kurz ziehen lassen) trinken.
  • Bis zum Mittag (z.B. vor dem Frühstück) mindestens 30 Minuten Bewegung an der frischen Luft (z.B. Nordic Walking) und viel Wasser trinken.
  • Zum Mittag ebenfalls ein leicht verdauliches, ausgewogenes und bekömmliches Essen, mit viel Wasser, zu sich nehmen.
  • Im Anschluss eine kurze Ruhepause einlegen – z.B. 15-30 Minuten (aber nicht länger als 45 Minuten) Mittagsschlaf einlegen.
  • Am Nachmittag erneut raus an die frische Luft. Vielleicht auch ein kleiner Spaziergang (15-30 Minuten) zum Feierabend.
  • Das Abendessen nicht zu spät verzehren und auch hier wieder auf Ausgewogenheit, Menge und ausreichend Wasserzufuhr achten.
  • Am Abend für Entspannung und Ausgleich sorgen. Beispielsweise durch Sport, lesen, Zeit mit der Familie etc.
  • Rechtzeitig ins Bett gehen, um mindestens 6-7 Stunden Schlaf sicherstellen zu können.

Kneipp-Kur Bad Nauheim
© Bad Nauheim Stadtmarketing und Tourismus GmbH – fotografiert von Winfried Eberhardt

Wer war Sebastian Kneipp?

Sebastian Kneipp war ein Pfarrer, der von 1821 bis 1897 lebte. Nach ihm wurde auch das Behandlungsverfahren der Kneipp-Therapie und der Kneipp-Medizin – kurz oft als Kneipp-Kur bezeichnet – benannt. Er erkrankte als Student lebensbedrohlich – wahrscheinlich an Tuberkolose – und heilte sich selbst.

Wie heilte sich Sebastian Kneipp? Es heißt, ihm ging es immer schlechter und er wurde immer schlapper. Um seinen Gesundheitszustand zu bessern, stieß er auf ein Buch in dem kalte Bäder eine heilende Wirkung versprachen. Er startete einen Selbstversuch und stieg mitten im Winter mehrfach in die eisige Donau, um sich gleich im Anschluss in das warme Bett zu legen und zu schwitzen. Und siehe da, nach einigen Wochen ging es ihm wieder gut.

Sein Selbstheilungsprogramm und seine Lehren wurden später als Kneipp-Kur oder Kneipp-Therapie bekannt. Denn er nutzte sein Wissen später auch zur Behandlung der Menschen. Dabei war es ihm egal, ob die Menschen oder besser gesagt seine Patienten reich, klug, arm, Könige, Bauern oder der Papst waren.

Seit Ende 2015 zählt Kneippen als Kulturform zum immateriellen Kulturerbe. Im Frühling 2016 folgte die Auszeichnung zum UNESCO (immateriellen) Kulturerbe.

Kneipp-Kur Bad Nauheim
© Bad Nauheim Stadtmarketing und Tourismus GmbH

Wie wurde Bad Nauheim Kneipp-Kurort?

Um eine Zertifizierung als Kneipp-Kurort zu erhalten, werden die Kneipp-Prinzipien gelebt und erfüllt. Das Angebot richtet sich dabei sowohl an Gäste als auch an die heimische Bevölkerung.

Zur Umsetzung benötigen die Akteur:innen in der Regel die kurstädtische Unterstützung und das Wollen sich diesbezüglich wirklich zu engagieren. Sehr hilfreich ist dabei natürlich auch ein gut aufgestellter und funktionierender Kneippverein.

Seit 2011 ist das hessische Bad Nauheim zertifizierter Kneipp-Kurort. 2015 wurde die Zertifizierung um die Premium Class erweitert. Für 2025 strebt Bad Nauheim die höchste Auszeichnungsstufe und den Titel „Kneippheilbad“ an.

Darüber hinaus ist Bad Nauheim bereits seit 1869 Thermal- und Mineralheilbad. Damit zählt es neben Kassel-Bad Wilhelmshöhe und Bad Schwalbach, zu den drei doppelzertifizierten Heilbädern in Hessen.

Tipp: Jedes Jahr im Mai findet im Kurort Bad Nauheim der Bad Nauheimer Kneipp-Gesundheitstag statt. Nächster Termin: 13.05.2023

** Studie wurde veröffentlicht im Springer Verlag “Innere Medizin” Ausgabe 12/22.

* Dieser Artikel ist im Rahmen meiner Zusammenarbeit mit dem Hessischen Heilbäderverband e.V. enstanden.


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Tanja Klindworth

Hier schreibt Tanja Klindworth

Tanja Klindworth ist nicht nur das Herz der SPANESS-Redaktion. Sie schreibt darüber hinaus auch für andere Blogs, Webseiten, Reise- und Fachmagazine. Ob online oder als Print-Variante. Ihre Fachbereiche sind: Wellnesstrends, Gesundheit, Urlaub und Reise. Zusätzlich ist sie auch als Reisebloggerin tätig.

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